Dorffest

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Dorffest

Dorffest

Daryan Altero

Bunte Lichter tanzten über das abgenutzte Parkett, brachen sich in sanierungsbedürftigen Holzrahmenfenstern und flohen über eingegilbte Tapeten. Der zu stark eingestellte Bass wummerte eine Melodie aus dem Repertoire der alten deutschen Welle und die verbrauchte Luft schrie nach Sauerstoff.
Doch das alles störte die in Schützenuniformen gekleideten Feierwütigen nicht. Die Tanzfläche platzte aus allen Nähten und hinter dem Tresen kapitulierten Wirt und Bedienung unter den einprasselnden Bierbestellungen. Erik sog die Atmosphäre tief in sich ein. Dorffest. Das war sein Leben.
Erik war Realist. In der Stadt wäre er zwischen all den schillernden Persönlichkeiten, den steilen Karrieren und den wie aus dem Fotokalender entsprungenen Glattstrichtypen untergegangen. Hier aber, in seinem Dorf, gab es kaum Konkurrenz. Er sah gut aus. Nicht richtig gut, aber: Gut genug. Außerdem war er Polizist und hatte sich zuletzt den Traum einer eigenen Immobilie erfüllen können.
Alles in allem reichte das, für den einen oder anderen verstohlenen Blick. Erik genoss die bescheidene Aufmerksamkeit der Frauen, auch wenn er die meisten von ihnen kannte, ja sogar mit den meisten aufgewachsen war. Doch die eine Neue, die eine Unbekannte gab es immer und für sie war er heute hier.
Er bahnte sich einen Weg durch das Gedränge, verteilte hier eine Umarmung und schüttelte dort eine Hand. Noch nicht ganz herumgekommen, hielt er schon das erste Bier in den Händen und war von seinen Kumpels in Beschlag genommen. Dennis und Nils stießen mit ihm auf alte Zeiten an – die beiden frischen Familienväter…
Erik hörte nur halbherzig zu. Normalerweise hatte er immer ein Ohr für seine Freunde. Doch nicht heute. Heute war er auf der Jagd. Unauffällig ließ er immer wieder seinen Blick streifen, streckte seine Antennen aus.
Die kleine Alisa war schon zweimal an ihm vorbeigelaufen. Zufall? Eher nicht. Doch Alisa, da war er sich sicher, bedeutete Ärger. Wahrscheinlich, weil er sie nicht wieder loswerden würde. Ganz sicher aber, weil in ihrem Fall schon morgen das ganze Dorf tratschen würde.
Für Lara dagegen hätte er jegliches Gerede in Kauf genommen. Sehnsüchtig sah er hinüber zu ihrer blonden Mähne. Ihr Verlobter wirbelte sie in einem flotten Disco-Fox über die Tanzfläche, sodass die Umstehenden ausweichen mussten, wollten sie nicht abgeräumt werden. Bei ihr hatte er sich vor Jahren eine blutige Nase geholt.
Eriks Blick schweifte weiter durch die Menge, doch dieses Mal sah er kein unbekanntes Gesicht. Nach einem zweiten Bier entschuldigte sich Erik zur Toilette. Es konnte ja nicht schaden, seine Runde durch das Dorfgemeinschaftshaus zu beenden, vielleicht gab es ja unterwegs noch eine Entdeckung zu machen. Aber als er kurz darauf, umrahmt von 70er-Jahre-Fliesen, vor einem Pissoir stand, realisierte Erik endgültig, dass er diesen Abend wohl allein nach Hause gehen würde.
Seufzend wusch er sich die Hände und trat den Rückzug an. Ab zu Dennis und Nils und vorher noch an den Tresen. Er war dran mit der nächsten Runde.
Aber Erik hatte kaum drei schäumende Gläser in den Händen, da wären sie ihm fast vor die Füße gefallen. Heilige Maria! Das ist doch… Lena?! Ein Film begann sich vor Eriks Augen abzuspielen. Wie er eng umschlungen mit ihr tanzte, wie er in der Morgendämmerung mit ihr nach Hause wankte, makellose Haut unter seinen Fingern, ein Strom hellbrauner Locken, die ihn ertränkten… Mit ihr hatte er sich noch einige Male getroffen. Doch dann war sie wie so viele andere fürs Studium weggezogen. Jahrelang hatte er nichts mehr von ihr gehört. Und jetzt war sie einfach da? Noch während Erik halb ungläubig starrte, schob sich eine Hand über den Rücken ihres süßen Kleides und blieb knapp über ihrem anbetungswürdigen Po liegen. Wer wagte es?
Eriks Blick folgte dem zur Hand gehörenden Arm zu einem Typen, der hier so gar nicht reinpassen wollte. Zu geschniegelt, zu… anders. Es brauchte kein Polizeistudium um eins und eins zusammen zu zählen. Ein Kommilitone, der einen Glücksgriff gelandet hatte – BWL-Student, tippte Erik und war sich dabei so sicher, dass er die folgende Runde als Wetteinsatz ausgelobt hätte.
Zielstrebig hielt er auf das Paar zu, denn der verloren suchende Blick seiner ehemaligen Affäre erschien ihm wie eine Aufforderung. Und er hatte sich nicht geirrt.
Als Lena ihn bemerkte, breitete sich ein Lächeln auf ihren mit feinen Sommersprossen gesegneten Zügen aus. „Erik!“
„Lena!“, tat er überrascht.
„Ich dachte schon, ich kenne hier gar keinen mehr.“
Lena wollte zu einer Umarmung ansetzten, doch Erik hob entschuldigend die Biergläser in seinen Händen. „Sorry, kein Arm frei. Ich war gerade auf dem Weg zu Dennis und Nils – die beiden kennst du noch?“
„Ah… Ja klar.“
Der enttäuschte Ton in Lenas Stimme war deutlich zu vernehmen und Erik freute sich, dass seine Eröffnung für den spontan gefassten Plan so glatt verlief.
„Willst du“, Erik sah zu ihrem Begleiter, so als würde er ihn jetzt erst bemerken, „wollt ihr vielleicht mitkommen?“
Das Strahlen trat zurück in Lenas Augen. „Ja gern. Übrigens, das ist mein Freund Alexander.“
Alexander, dachte Erik. Wo gab es denn einen Alexander, der nicht Alex genannt wurde?
„Freut mich“, begrüßte Erik den Polohemdträger gedehnt. „Ich bin Erik, du kommst von weiter weg oder?“
„Aus Hamburg“, erwiderte dieser knapp und ohne Begrüßung.
Aha, der sah ihn schon einmal als Konkurrenz. Innerlich grinste Erik. Er ging voran und lief seinen beiden Kumpels direkt in die Arme. Beiden drückte er ein Bier in die Hand und stellte als nächstes den ihm unwillig folgenden Alexander vor.
„Lena kennt ihr ja sicher noch.“
„Ja“, sagte Dennis. „Aber damals kam sie nie mit leeren Händen. Wo sind ‘n eure Getränke?“
„Erik hat uns leider nichts mitgebracht“, konterte Lena, die sich zwischen Alexander und Erik in den dadurch entstehenden Kreis drängte.
„Ich habe einen Vorschlag“, sagte Erik. „Ich rate, was Alexander studiert und wenn ich Recht habe, dann holt er ein Tablett Fantakorn.“
„Wer trinkt denn Fantakorn?“, fragte Alexander abschätzig.
Doch damit schuf er Gegenwehr von unerwarteter Seite.
„Na wir hier auf dem Dorf“, reagierte Lena unwirsch, um sich dann an Erik zuwenden.
„Gut, aber du hast nur einen Versuch, sonst holst du.“
Auf Eriks Gesicht breitete sich ein verboten breites Grinsen aus. „Einverstanden.“ Dann flötete er süffisant: „BWL.“
Alexander verdrehte die Augen und Lena brach in gackerndes Gelächter aus. „Siehst du Alexander, sogar mit einem einzigen Versuch. Aber du glaubst mir ja nicht, wenn ich sage, dass du dich wie BWL-Justus anziehst.“
Jetzt fielen auch die anderen in das Gelächter ein – bis auf Alexander, der eine verdrießliche Miene zog und in Richtung der Teke entschwand.
Es wurde ein feuchtfröhlicher Abend, wobei Erik darauf achtete, dass für jeden Kurzen den er nahm, Alexander stets einen zweiten trinken musste. Mit steigendem Pegel taute er auf und bald schon wollte er den Tresen gar nicht mehr verlassen – sehr zur Freude von Dennis und Nils, die einen zahlungswilligen Saufkumpanen gefunden hatten - weniger zu der seiner Freundin.
Zweiter Akt, dachte sich Erik. Laut sagte er: „Ich bin dann mal auf der Tanzfläche, kommt wer mit?“
Erwartungsgemäß winkten seine Freunde ab und BWL-Justus reagierte erst gar nicht - womit noch Lena blieb, die ihn sehnsüchtig ansah, dann aber den Kopf schüttelte.
Erik lächelte verständnisvoll. „Dann bis später.“
Es dauerte nicht bis später, genaugenommen dauerte es genau ein Lied, bis Erik Lenas Lockenschopf bemerkte.
Und mit einem Mal war es, als wäre Erik durch die Zeit gereist. Als wäre alles wie früher. Als wären Lena und er allein auf der Tanzfläche. Als wären sie Plus- und Minuspol eines Magneten, die sich gegenseitig anzogen. Näher und näher kamen sie sich in ihren Bewegungen, bis ein unsichtbares Knistern nach ihrer beider Körper griff. Lenas Blick verfing sich in Eriks Augen. Noch versuchte sie auszubrechen, doch bald ergab sie sich ihrem Schicksal. Flüchtig berührten sich ihre Hände, wie ein Windhauch fuhr Eriks Hand über Lenas wiegende Taille.
Die Nostalgie übermannte sie beide. Die Blicke wurden eindeutiger, die Berührungen länger, schamloser. Der Tanz bekam etwas Verbotenes und nur das Wissen darum, dass Lenas Freund am anderen Ende des Saals an der Theke stand, hielt eine letzte moralische Grenze aufrecht. Manchmal tat sich eine Lücke zwischen den Tanzenden auf, und dann konnte Erik ihn sehen. Der Plan verlief gut. So gut, dass Erik gar nicht darüber nachgedacht hatte, was er tun sollte, wenn er an diesem Punkt angelangt war.
Doch die Überlegung dazu wurde hinfällig, als Lena die winzige verbliebene Lücke zwischen ihren Körpern schloss. Eriks Herz begann zu rasen, während sich ihr verheißungsvolles Dekolleté gegen seine Brust drückte. Und als Lena dann mit ihren großen Augen zu ihm aufblickte, konnte er nicht mehr anders. Er beugte sich zu ihr hinab und das unfassbare geschah. Sie wich nicht zurück. Mit einem Schwung ihrer Wimpern, schlossen sich Lenas Augen. Ihre Lippen glänzten verführerisch und sie schmeckten wie ein lange vergangener Sommer. Der süße Duft ihres Parfüms raubte Erik den Atem. Und dann spürte er ein Pochen, diese erdrückende und gleichsam lustvolle Enge, in der sich seine wachsende Erregung Platz suchte. Seine Härte, die auch Lena an ihrem Bauch spüren musste, während sie sich in seinen Armen wiegte. War ihr bewusst, dass ihr Freund sie sehen konnte? War es ihr egal?
Erik jedenfalls war es definitiv egal. Er löste sich von Lena und spürte dabei ihren erregten Atem über seine Wange streichen. Wenn er jetzt zögerte, dann würde der Zauber brechen. Ohne ein Wort zu sprechen, nahm er ihre Hand und zog sie mit sich. Er strebte dem Ausgang entgegen und Lena ließ sich im Schutz der Vielen mitziehen. Sie traten in die kühle Mainacht, schlichen sich wie Diebe an aufglimmenden Zigarettenstengeln vorbei, bis sich die Dunkelheit der Nacht endgültig über sie legte.
„Wir können nicht zu dir“, sagte Lena.
Erik blieb stehen und wandte sich ihr zu. „Warum bist du dann mitgekommen?“
Lena zitterte ein wenig in der nicht kalten aber auch nicht warmen Frühlingsluft. Sie wirkte verunsichert. Wurde ihr gerade die Unmöglichkeit dessen bewusst, was sie in Begriff waren zu tun?
Ein Schritt. Dann stand Erik so dicht vor ihr, wie eben noch auf der Tanzfläche. „Du hast Recht“, haucht er. „Nur noch ein Kuss… „
Es war keine Liebe, die sie in diesem Moment verband. Es war eine Illusion von Liebe. Ein aufregendes Kribbeln, das morgen schon seinen Reiz verloren haben würde. Doch jetzt war es da, erregend, übermächtig. Lenas Widerstand schmolz in Eriks Armen und er wusste, wenn er Lena haben wollte, dann hier.
Sanft schob er sie rückwärts, bis sie mit ihrem Po gegen einen Stromkasten stieß. Seine Hände fuhren über ihre Taille, tiefer… Er fand den Saum ihres Kleides und fuhr darunter. Oh Gott, fühlte sich ihre Haut gut an!
Lena quittierte die Berührungen mit hungrigen Küssen. Ihre Zähne knabberten an Eriks Lippen, während seine Hände ihre nackten Pobacken fanden. Er hob sie hoch, setzte sie fast zärtlich auf den Kasten, dessen kalte Oberfläche Lena ein Keuchen abrang. Ihre Beine umschlangen Eriks Taille. Sie zog ihn an sich. Dass sie hier jeder sehen konnte, der vorbeikam? In diesem Moment spielte es keine Rolle.
Erik tastete sich zwischen Lenas geöffnete Schenkel, glitt unter den Saum ihres Spitzenslips und ließ seine Finger darunter wandern, bis sich ihre Scham weich und geschwollen teilte. Hier hielt Erik inne. Er wartete darauf, dass sich Lena ihm entgegen drängte. Und erst als das geschah, fuhr er mit sanften Bewegungen durch ihre begierige Nässe. Lena stöhnte auf, ihre Zunge fand einen Weg zwischen Eriks Lippen…
Zu gern hätte Erik ihr Spiel in die Länge gezogen. Er fühlte sich berauscht, so unglaublich glücklich im Hier und Jetzt. Aber er wusste auch, dass gerade die Vergänglichkeit des Momentes, diesen so besonders machte.
Beinahe andächtig öffnete Erik seine Hose und zog gleichzeitig Lenas Slip zur Seite. Sein Glied sprang aus der Hose, hart und pochend. Und als dieses fordernd gegen Lenas Scham drückte, kam ihr ein aufgeregtes Keuchen über die Lippen. Wie in Zeitlupe ließ Erik seine Eichel an Lena hinabrutschten. Erst das leichte Kratzen ihres rasierten Schamhügels, die lockende Feuchtigkeit zwischen ihren Lippen - und dann die Öffnung zu ihrem Innersten, die ihn warm und eng umfing… Sanft drang Erik in Lena ein.
„Nimm mich“, flüsterte sie erstickt.
Und Erik begann sie zu stoßen. Wie damals ertrank er in ihren Küssen, in ihren Locken. Und seine anfängliche Zurückhaltung schwand dahin, als Lena sein Gesicht in ihr Dekolleté presste.
Erik packte Lena fester und stieß sie härter, begann sie zu ficken. Mit einer Hand befreite er ihre Brüste aus dem Kleid, sah ihren Knospen aus nächster Nähe wachsen, ehe er sie nacheinander einsog. Hier in der Ecke, auf einem Stromkasten, keine zwei Gehminuten von ihrem Alexander entfernt…
Normalerweise hätte sich Erik zurückgehalten. Normalerweise hätte er es hinausgezögert. Doch er konnte und er wollte auch nicht. Mit jedem weiteren Stoß verlor er sich mehr in dem wunderschönen Mädchen von damals, der wunderschönen Frau von heute. Schauer überkamen ihn wie Sturmböen und er fiel ein in Lenas Stöhnen, die seinen Schaft wrang, ihn auspresste, ihn molk…
Lenas Nägel bohrten sich in seinen Nacken, ihr Körper verkrampfte, wurde stocksteif. Ein letztes ersticktes Stöhnen in seine Brust geschrien… Dann reduzierte sich Eriks Wahrnehmung auf sich selbst. Sein Orgasmus kam – und er ließ es geschehen. Er ließ los und wurde selbst zum Beobachter, zum Beobachter von Erik, der tief in seiner Lena steckte und sich in ihr ergoss… Seiner einem anderen gehörenden Geliebten…
Lena saß vor ihm. Schwer atmend hoben und senkten sich ihre aus dem Dekolleté herausragenden Brüste - während sich sein Sperma zwischen ihren noch geöffneten Beinen sammelte. Es war das schönste und gleichsam sündhafteste, das Erik je gesehen hatte…
Doch dann trafen sich ihre Blicke und die Illusion zerrann wie ein Traum an dessen Ende man gelangte. Verschämt richtete Lena ihr Kleid und sprang vom Stromkasten. Erik wollte etwas sagen, doch sein Kopf war wie leergefegt. Hilflos sah er ihr zu, wie sie ihre Locken ordnete, wie sie sich zum Gehen wandte. Ein letztes verkniffenes Lächeln - Es war schön, aber ich bereue es schon jetzt - stand darin geschrieben.
Und während ihr Lockenschopf davon wippte, ihre wunderschöne Silhouette in der Nacht verschwand, sah er an sich hinab. Auf seine in den Kniekehlen hängenden Hose. Sein feuchtes noch halbsteifes Glied. Und mit einem Mal erfasste Erik eine unendliche Melancholie. Mehr hatte er von dieser Nacht nicht zu erwarten und jetzt, da es vorbei war, empfand er Leere. Ein Gefühl, welches ihn begleiten würde - bis er erneut auf die Jagd ginge… Und mit einem Mal beneidete er Dennis, und Nils. Und sogar Alexander.

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